Besonders wenn es darum geht, dass man als Feminist gerne Frauen schlagen würde. Wie es dazu kam, welche Probleme ich damit hatte und warum, das werde ich euch heute erzählen.

Doch fangen wir ganz am Anfang an. Ich komme aus einer links-progressiven Familie. Ich wurde gut aufgeklärt, mir wurde früh erklärt, dass Homosexualität vollkommen in Ordnung ist, noch bevor ich verstehen konnte, was das eigentlich ist. Gleichberechtigung war nie ein Thema, sondern wurde selbstverständlich gelebt. Gerade auch, weil das klare Oberhaupt der Familie meine Oma ist, quasi eine Matriarchin. Und so war Feminismus, der Respekt und die Wertschätzung von Frauen kein Thema aber omnipräsent.

Und so wuchs ich auf, wurde älter, war ein schüchterner lieber Kerl. Hatte immer ein offenes Ohr für die vielen Frauen im Freundeskreis. Hatte immer Angst mich an Frauen ranzumachen, weil ich keine Grenzen übertreten und kein Unwohlsein auslösen wollte und absolut unfähig war, Signale zu deuten. Durch den sexpositiven Freundeskreis kam es mit 19 dann doch zu meiner Entjungferung, den ersten Freundinnen und gelegentlichem Sex. Und so sehr wie ich ihn mir ersehnt hatte, so schnell wurde er langweilig. Und ich verzweifelte daran. Ich verstand nicht woran es lag. Meist lies ich die Frauen machen, weil ich dachte, dass es dann zumindest Ihnen besser gefällt. Was es retrospektiv wahrscheinlich nicht tat. Aber ich wusste es nicht besser.

Durch eine längere Fernbeziehung kam ich zur Polygamie, durch die Trennung an eine Nymphomanin und meine ersten Sexpartys, weil ich das Gefühl hatte etwas nachholen zu müssen. Und nach der Trennung von der Nymphomanin traf ich dann Sie, meine erste Sub. Es war auf meiner Lieblingssexparty in meiner Heimatstadt. Ein Freund, der zum Studium weggezogen war, hatte seine Mitbewohnerin und beste Freundin mitgebracht. Wir verstanden uns auf Anhieb. Unterhielten uns den ganzen Abend, aber sie wollte deutlich mehr, als ich Ihr bieten konnte. Wir spielten kurz im Séparée, aber ich war überfordert.

Wir tauschten dennoch die Nummern aus und schrieben viel. Denn ich wollte mehr wissen, mehr erfahren, lernen, mich entdecken. Ich erzählte ihr von meinem Konflikt. Die Sperre im Kopf durch meine Sozialisierung. Und wie mich mein Verlangen, Frauen Schmerzen zuzufügen, seelisch fertig macht. Und sie zeigte Nichts als Verständnis. Sie nahm meine Sorgen ernst und erklärte mir die Unterschiede zwischen Missbrauch und Gewalt. Sie berichtete mir von ihren negativen Erfahrungen, mit als Doms getarnten übergriffigen Arschlöchern. Lehrte mich die Grundsätze und die Theorie. Und ich saugte Alles förmlich auf. Sie war sehr erfahren und wusste worauf es ankam. Ich nicht.

Und genau das war das Problem. Wie soll der Schüler denn dominant wirken? Ich tat es jedenfalls nicht. Und so schlug sie, trotz gegenseitiger Anziehung, alle Annäherungsversuche aus. Für sie war BDSM keine Option sondern eine Bedingung. Und sie wollte keine Kompromisse ausgehen. Und sie wollte kein Versuchsobjekt sein. Ich setzte mich weiter mit dem Thema, und vor allem meinen Gefühlen, auseinander und irgendwann machte es Klick. Ich wollte eine Frau schlagen. Und dieser Drang fühlte sich gut an. Der Gedanke hatte sich befreit, alle Bedenken abgelegt, die Sozialisierung überwunden. Keine Scham schwang mehr mit. Nur Lust. Und ich schrieb Ihr. Ich schrieb Ihr, dass ich ihr weh tun wollte. Keine Zweifel, keine Zurückhaltung mehr.

Und sie freute sich. Sie freute sich darüber, dass ich sie schlagen wollte. Ein Gefühl, an das ich mich bis heute nicht gewöhnen kann, so sehr ich es genieße. Sie wollte mich das nächste Wochenende in meiner Studentenwohnung besuchen, da ich in einer Stadt nahe ihrer Eltern studierte. Und so trafen wir uns. Ich wusste ja worauf sie steht und so drückte ich sie direkt zur Begrüßung an die Wand. Die Hand legte sich um ihren Hals, drückte zu und während Sie sich noch sichtlich wunderte landete meine erste Ohrfeige mitten in ihrem schönen Gesicht. Ich wurde geil, ich merkte, dass sie geil wurde und so landeten wir bald im Bett und ich konnte zum ersten Mal in meinem Leben all meine Bedürfnisse rauslassen.

Wir verliebten uns schnell ineinander und kamen zusammen. Ich befürchte im Nachhinein, dass ich mehr in das verliebt war, das Sie mir gab und nicht in Sie. Und so endete es damit, dass ich Sie sehr verletzte, als ich mich von Ihr trennte. Ihr, der ich meine ganze Sexualität zu verdanken habe. Von Ihr, die sie mir alles Wichtige beigebracht hatte, mir jedesmal Feedback gegeben hatte, die mich die ganze Beziehung lang gefordert und gefördert hat. Von Ihr, die all meine Konflikte, Komplexe und Zwänge in meinem Kopf aufgelöst und größtenteils beseitigt hat. Von Ihr, die sich mir immer hingegeben hat. Ich habe mich selten so schlecht gefühlt. Keine Trennung war für mich schmerzhafter. Und ich will mir nicht vorstellen, wie es für Sie gewesen sein muss.

Ich weiß, dass sie mittlerweile in einer glücklichen Beziehung und beruflich sehr erfolgreich ist. Aber das schlechte Gewissen ist immer noch da, denn ich Verdanke ihr so viel. Ich hatte so unendliches Glück auf sie zu treffen. Dessen bin ich mir bewusst.

Und jetzt wünsche ich jedem Neuling, dass es jemanden findet, der sich seiner so annimmt, wie sich meiner angenommen wird. Wobei es mittlerweile ja auch gute Literatur gibt. Ich denke, es ist wichtig jemanden zu finden, mit dem man sich ohne Verurteilung austauschen kann. Aber zusätzlich kann ich jedem Neuling in dem Gebiet das Buch „Vernünftig Unvernünftig“ von Lia Ophée, ihren Blog „Mein Leben im Pelz“ oder ihren Twitteraccount @Ophelia_BDSM empfehlen. Bessere Aufklärung im BDSM Bereich konnte ich bisher nicht finden.

Wichtig ist nur, dass ihr wisst, dass ihr nicht krank seid, nur weil ihr gerne Schmerzen zufügt oder euch zufügen lasst. Und es ist ein gutes Zeichen, wenn euch das nicht leicht fällt zu akzeptieren. Dann werdet ihr verantwortungsvoll damit umgehen.

Und dabei wünsche ich Euch allen Spaß der Welt!

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7 Kommentare

  1. Natürlich stosst man als Dom-Neuling schnell an seine eigene und andere Grenzen. Alles ist neu und unerforscht, es gibt noch keine Antwort auf „was mache ich wenn…?“ Doch auch hier gilt „Irgendwo muss man doch anfangen“ obwohl im Nachhinein betrachtet diese eine Anfang besteht aus eine Mischung von Scheue, Aufregung, Tollpatschigkeit, Scham und Geilheit. Also keine ideale Kombination um selbstbewusst und bestimmend eine Sub zu führen. Das Selbstbewusstsein kommt irgendwann, wenn man merkt das nicht die Fähigkeiten oder das Repertoire an Handlungen bestimmt „wie Dom“ man ist sondern die Einstellung dazu.
    Danke für diese Einsicht und viel Spass auf deine Reise!

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  2. Das kommt mir so bekannt vor nur umgekehrt 😦

    Meine mama redete davon wo ich 18 war und ich hatte 0 ahnung von bdsm / sie meinte ich wäre die perfekte domina…..

    Ich hatte das erste mal sex mit 2 tagen vor meinem 14ten geburi und ich fand es kacke. Natürlich das erste mal ist immer kacke…., aber mich langweilte es danach viele jahre.
    Ich dachte evtl bin ich bi und dann dachte ich, vielleicht wäre ich lieber ein junge, dann kam die phase wo ich dachte evtl bin ich a sexuell und irgendwan nahm ich es einfach so wie es ist.
    War keinem mann treu fand immer alles ok statt woow oder was auch immer.

    11 jahre später gab es nen one night stand wo ich mir dachte oh nein oh nein, aber dieser entwickelte sich zu einer bdsm beziehung und ich hab mich noch nie so frei gefühlt.

    Das erste mal das ich merkte ok ich steh auf schmerzen, dass erste mal das ich merkte ok ich werde gerne dominiert ect.

    Positiv ich weiss jetzt was ich will und sexy finde, negativ, ich stoss bei mehr menschen an als was ich dachte. Dachte immer, männer finden das sexy, aber viele sind übervordert damit…

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    1. Vielen Dank für deine Offenheit.
      Und das tut mir sehr leid zu hören.
      Ja, viele Männer sind überfordert, aber viele genießen das auch sehr.
      Ich bin mir sehr sicher, dass Du den passenden finden wirst.
      Ich bin nicht alleine.

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    2. „viele sind überfordert damit“ finde ich sehr symptomatisch für unsere Gesellschaft. Jungs und Männer schauen sich Pornos an und verwechseln harte Sex mit Dominanz oder noch schlimmer Dominanz mit Arroganz…

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  3. Eine Frage aus Neugier:
    Ist es der Ausdruck von Schmerz in der Mimik und Stimme des anderen, der dich sexuell anmacht, wenn du den anderen schlägst?
    Könntest du auch für dich sexuellen Genuss daraus ziehen, einen Mann zu schlagen?

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    1. Auch, und die Handlung an sich.

      Und leider nicht, ich habe da Pläne es mal mit Erniedrigung zu versuchen.
      Wenn es so weit ist, werde ich berichten.
      Aber mehr ist aktuell nicht drinnen.

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