Wie mich BDSM in zwischenmenschlichen Interaktionen verändert hat.

Dieser Blogbeitrag ist (verspäteter) Teil der Blogparade von Kiki, die anderen Beiträge wurden vor dem Verfassen absichtlich nicht gelesen. Mögliche Überschneidungen sind also rein zufällig.
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https://bettfluesterin.de/blogparade-konsens-beim-sex/

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Wie hat BDSM mein Verständnis von Konsens geformt?

Bevor ich mich mit BDSM beschäftigt habe, war Konsens für mich nicht mehr als das erstrebenswerte Ergebnis eines Diskurses. Es bedeutete mir wenig. Ich kannte den Unterschied zum Kompromiss, aber es hat mein Leben in keiner Weise beeinflusst. Das hat sich mittlerweile stark verändert, auch im Alltag.

Wenn man sich Grenzen annähert, wird einem bewusst wie wichtig es ist, dass diese klar kommuniziert werden, um sie nicht zu überschreiten. Oder besser, um sie so selten wie möglich zu überschreiten. Ich habe ja bereits über meine anfänglichen Probleme geschrieben. Damals wurde mir klar wie wichtig es mir ist, dass klar kommuniziert wird, das gewollt ist, was ich mache. Und wie es ausgehen kann, wenn man etwas macht, das nicht gewünscht ist. Ich will nicht so weit gehen zu behaupten, dass die meisten Menschen oft Grenzen überschreiten, aber dass es viel zu oft Glück oder einfach Zufall ist, dass diese nicht überschritten werden. Beim Sex mit Personen die man kaum kennt, bei einem One-Night-Stand, einem Fick im Club oder auch ganz unsexuell in der Kommunikation mit Menschen, die man nicht gut kennt. Ich kann mittlerweile auch keinen „normalen“ Sex mehr mit Menschen haben, mit denen ich nicht vorher ausführlich über ihre Vorlieben und Grenzen gesprochen habe.

Ist das nun ein Hindernis? Ich glaube nicht, ganz im Gegenteil. Während ich früher davon ausging, dass der Sex mit einer bestimmten Person mit der Zeit und der Anzahl der Akte besser wird, bin ich mittlerweile von dieser Einstellung abgerückt. Diese ersten Nummern sind nur ein schlechter Ersatz für eine fehlenden Kommunikation im Vorfeld. Sprich diese Kommunikation im Vorfeld eliminiert sowohl „schlechteren“ Sex und reduziert das Risiko etwas falsch zu machen. Somit kann man auch viel entspannter in ein erstes Date gehen.

Glaube ich, dass das jeder so machen sollte? Nein, absolut nicht. Mit viel Empathie und Aufmerksamkeit kann man natürlich auch mit sehr geringem Risiko tolle erste Nummern ohne das aktive Einholen von Konsens für bestimmte Praktiken haben. Und ich kann den Reiz des Unbekannten absolut nachvollziehen. Ich habe früher ja hoffentlich auch nie eine Grenze überschritten. Aber für mich hat sich dieser Weg so einfach bewährt. Diese Entspannung wiegt den Thrill des Unbekannten wieder auf und ist wichtig für mich.

Aber zurück zum Alltag! Dadurch, dass ich mich bezüglich des BDSM und des Sex so intensiv mit dem aktiven Einholen von Konsens beschäftigt habe, fiel mir irgendwann auf, dass dies ja nicht nur diese Bereiche betrifft, sondern eigentlich alle Bereiche des zwischenmenschlichen Kontaktes. Ich habe erkannt, dass man so nicht nur entspannter in Dates gehen kann. Sondern, dass das auch für Flirts, Unterhaltungen, Retweets und Replys (wenn wir mal Twitter insbesondere nennen), Komplimente, Kritik, Feedback, eigentlich die gesamte Kommunikation gilt. Und mir fällt immer wieder auf, wie oft auch ich ohne Konsens kommuniziere. Natürlich kann man sich nicht für jede Kommunikation vorher Konsens einholen, da dies ja schon Kommunikation voraussetzt, und natürlich entschuldigt ein „Darf ich Dich mal was fragen?“ keine übergriffige Frage, die nach der Erlaubnis gestellt wurde. Aber allein das Bewusstsein für das Konzept von Konsens lässt einen oft anders handeln. Es sensibilisiert Einen. Leider auch für fragwürdige Kommunikation, und vielleicht reagiert man manchmal auch etwas über. Ich zum Beispiel reagiere sehr allergisch darauf, wenn mir gesagt wird, dass meine Entscheidung oder Antwort respektiert wird. Warum? Weil es gönnerhaft wirkt. Der Respekt vor den Entscheidungen eines anderen Menschen ist meiner Meinung nach essenziell für ein funktionierendes soziales Miteinander. Und nicht für Das dieser zwei betreffenden Meschen, sondern als Gesellschaft. Es ist einfach Grundvoraussetzung. Ich muss jemanden nicht mögen, ich kann etwas von jemandem wollen, aber seine Entscheidungen bezüglich seiner Kommunikation und seines Kontaktes zu mir sind zu respektieren. Und dabei fällt mir immer wieder auf, dass das Wording dann „einseitige Beendigung“ der Kommunikation ist, aber richtig wäre es, das „fehlenden Konsens für eine gemeinsame Kommunikation“ zu nennen. Denn dazu gehören immer Zwei und die Betonung der Einseitigkeit framt dieses Verhalten negativ. Es ist eine Schuldzuweisung, dass die Kommunikation nur an der einen Person scheitert. Und dies ist selten so, meistens gibt es dafür Gründe, die nicht berücksichtigt werden. Und selbst wenn nicht, ist es immer noch das gute Recht dieser Person.

Was ist Konsens für mich also?

Ein Ideal, Das ich anstrebe aber niemals erreichen werde.
Und es geht auch nicht darum Alles immer 100% im Konsens zu machen.
Es geht darum sich des Konzeptes bewusst zu sein und zu erkennen, dass der Weg das Ziel ist.
Und das Tritte neben den Weg verzeihbar sind, wenn man zumindest versucht den Weg zu beschreiten, ähnlich dem kategorischen Imperativ.

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